Mieten oder Kaufen?

Hohe Mieten versus niedrige Zinsen – so betrachtet scheint die Antwort klar auf der Hand zu liegen. In den zurückliegenden Jahren sorgten die stetig teureren Mieten und die günstige Zinslage bei vielen Menschen dafür, dass der Kauf einer Immobilie in ernsthaft Betracht gezogen wird, um für das Alter vorzusorgen. Insbesondere der Blickwinkel des Mieters verschlechtert sich, aufgrund der hohen monatlichen Zahlungen an den Vermieter. Es kristallisiert sich die Frage heraus, dass der Geldbetrag zum Aufbau des eigenen Vermögens bzw. zum Abzahlen einer Immobilie genutzt werden könnte. Etwa 35 % des Haushaltsbudgets geben die Deutschen für das Wohnen aus. Vergleichsweise weniger geben z. B. die Franzosen nur etwa 20 % des Haushaltseinkommens für Miete o. Ä. aus. Da liegt der Gedanke nahe, diese Summe abzüglich der Nebenkosten und Zinsen zumindest für die eigene Altersvorsorge zu verwenden.

Lange Zeit galt das Kaufen im Gegensatz zum Mieten einer Immobilie als langfristig günstiger, doch auch der Immobilienmarkt in Deutschland entwickelt sich rasant, sodass dieser Sachverhalt pauschal so angenommen werden kann. Abhängig von der Höhe des Kaufpreises sollte der Erwerb der eigenen vier Wände gründlich bedacht werden. Speziell die eigene Flexibilität könnte mit einem Hauskauf eingeschränkt werden. Außerdem können hohe Nebenkosten oder Steuerfestsetzungen zu hohen monatlichen Belastungen führen. Ferner könnte bei zu vielen Einschränkungen über andere Möglichkeiten der Kapitalanlage zur Altersvorsorge nachgedacht werden, während die eigenen vier Wände weiterhin gemietet statt erworben werden. 

Vor der Entscheidung sind einige Kriterien zu bedenken. Die Kaufpreise von Immobilien entwickelten sich gerade im städtischen Raum enorm schnell, sodass in den Top-Städten in Deutschland innerhalb der letzten 8 Jahre eine Verdoppelung der Immobilienpreise stattgefunden hat. Im Besonderen können dies aktuell Menschen mit durchschnittlichem bis etwas erhöhtem Einkommen spüren, sodass vielerorts in Stadtnähe der Traum einer eigenen Immobilie nicht verwirklicht werden kann. Dementgegen stehen günstigere Kaufmöglichkeiten in ländlichen Gebieten, dennoch ist hierbei die Frage zu beantworten, ob sich der Erwerb der eigenen vier Wände hier auf längere Zeit gerechnet lohnt. 

Die Entscheidung darüber hängt zudem nicht ausschließlich vom vorhandenen Angebot ab, sondern inkludiert die Einbeziehung der derzeitigen Höhe der Miete sowie der aktuellen Zinslage im Immobilienbereich. Zusätzlich gibt es weitere Einflussfaktoren, die eine der beiden Varianten stark begünstigen könnten. Die möglichen Zinserträge auf das eigene Vermögen, aber auch der eigene Charakter sowie die Vorstellungen für das eigene Leben sollten im Entscheidungsprozess mit einwirken. Grundsätzlich sollte das wesentliche Für und Wieder bekannt und miteinander abgewogen werden. 

Mieten oder Kaufen?

Abhängig von der Lebenssituation und Charaktersache 

Neben den eigenen finanziellen Möglichkeiten und den diesbezüglichen Vorstellungen und Planungen für den Lebensabend, sind gerade diese essenziellen Entscheidungen auch vom eigenen Charakter und der persönlichen Vorstellung für den Lebensverlauf abhängig. Sind sie bereits mehrfach umgezogen und leben ungern über einen längeren Zeitraum am gleichen Standort, dem ist es, in jedem Fall wichtig eine gewisse Flexibilität zu wahren. Mit dem Erwerb einer Immobilie als Eigenheim erfolgt zeitgleich eine Bindung an den gewählten Standort. Ist Ihnen die Flexibilität jedoch weiterhin wichtig, so eignet sich das Wohnen zur Miete. Dementgegen stehen die fast unbegrenzten Möglichkeiten innerhalb der eigenen vier Wände. Abhängig vom jeweiligen Charakter könnten Sie es wertschätzen, in ihrem Zuhause über sämtliche Dinge ungebunden entscheiden zu können und schlichtweg tun und lassen zu können, was ihnen beliebt. 

Sie sollten sich eher für den Kauf einer Immobilie entscheiden, wenn Sie sichere finanzielle Verhältnisse aufweisen können und diese Lage langfristig stabil ist. Mit dem Immobilienkauf gehen häufig lange Darlehensverhältnisse einher, wobei die monatlichen Raten über viele Jahre leistbar sein müssen. Gleichzeitig eignet sich das Immobilieneigentum, wenn Sie Gewissheit darüber haben, dass sie am gewählten Ort lange leben möchten und können. Auch die Bereitschaft und Kapazität unregelmäßig Instandhaltungskosten tragen zu können spricht für Kaufen statt Mieten.

Dementgegen würde sich die Wahl des Mietens eher für Sie eignen, wenn ihre finanzielle Lage nicht ganz so konstant auf hohem Niveau ist, nur bedingt Vermögen zu Verfügung steht und das monatliche Haushaltsbudget keinen Spielraum zulässt. Wenn ihnen nicht klar ist, ob Sie in den nächsten Jahren dauerhaft am gleichen Ort leben möchten und dies bisher auch noch nicht getan haben und Sie keine unerwarteten Kosten für Instandhaltungen, Sanierungen oder Renovierungen leisten können oder möchten, spricht dies ebenfalls eher für die Wahl eines Mietverhältnisses. 

Die Bewertung der eigenen Lebenssituation sowie der Grundeinstellung gegenüber dem Thema Wohnen sollte prinzipiell nüchtern mit einbezogen werden, ebenso wie die Analyse und Abschätzung der eigenen langfristigen finanziellen Situation. 

Der Mythos: Kreditrate = Monatsmiete

In vielen Fällen gleichen Menschen, die aktuell in einem Mietverhältnis wohnen, die Höhe der monatlichen Miete mit möglichen Kreditraten für den Immobilienbesitz ab. Der Vergleich liegt nahe, dennoch ist diese Abschätzung nicht weit genug bedacht. Ihre aktuelle Monatsmiete, ebenso wie eine aktuell mögliche Darlehensrate beschreibt lediglich die Ist-Situation. Die Finanzierung eines Bau- oder Immobiliendarlehens ist in den meisten Fällen an eine sehr lange Laufzeit gebunden. Die Entscheidung darüber, ob eine der beiden Varianten für Sie günstiger ist, ist somit nicht erkennbar anhand der jetzigen Miete, möglichen Preisen für einen Kauf oder der aktuellen Zinslage. Die Bewertung sollte den ganzheitlichen Verlauf berücksichtigen und eine Prognose für Ihre eigene (finanzielle) Entwicklung beinhalten.

Die abfallenden Zinsen haben ihren Ursprung in der Wirtschaftskrise 2008/2009 und sorgen dafür, dass eine konstant hohe Nachfrage im Immobilienmarkt vorhanden ist. Dies wird gerade von Immobilienverkäufern als positiv bewertet. Auch für Immobilienmakler, Bauunternehmer oder Projektentwickler und Kreditinstitute stellt dies eine optimale Basis dar, um gute Gewinne zu erzielen. Wohingegen Käufer von Immobilien spürbar höhere Kaufpreise zahlen müssen und folglich auch höhere Darlehen aufnehmen müssen. Daneben tragen sie das Risiko, dass die Zinsen in Zukunft steigen könnten und dementsprechend die Nachfrage sinkt. Das Ergebnis wäre in diesem Fall, dass der Immobilienwert sinken würde. 

Ein weiterer Effekt der niedrigen Zinslage ist, dass ein immer größerer Abstand zwischen Mieten und Immobilienmarktpreisen entsteht. Es ist der Trend zu erkennen, dass bei einem anstehenden Umzug eher darüber nachgedacht wird, eine Immobilie zu erwerben, statt erneut in ein Mietverhältnis einzutreten. Die sinkende Nachfrage nach Mietwohnungen oder Miethäusern hat zur Folge, dass die Mietpreise zwar weiter steigen, jedoch langsamer als die Kaufpreise. 

Kurz gesagt stellt es keine ausreichende Berechnung dar, ausschließlich die aktuelle Monatsmiete mit möglichen Darlehensraten zu vergleichen. Stattdessen wäre es eine gute Bewertungsgrundlage für eine lokale Marktsituation, die Jahreskaltmiete mit offerierten Immobilienkaufpreisen abzugleichen. Dadurch kann das Niveau des Marktpreises in einer bestimmten Gegend analysiert und Rückschlüsse daraus gezogen werden, ob es sich lohnt zu kaufen.

Wann lohnt sich der Kauf einer Immobilie?

Der sogenannte Mietpreismultiplikator stellt ein wichtiges Indiz dar, ob ein der Preis einer Immobilie grundsätzlich hoch oder eher niedrig ist. Dies ist für gewöhnlich ein Faktor zur Bewertung einer Immobilie im Bereich der Vermögensanlage. Dennoch ermöglicht dieser Wert einen guten Hinweis darüber, ob der Kauf der Immobilie finanziell sinnvoll ist. Hierbei wird die Anzahl der Jahresmieten gemessen, die für die Abzahlung des Kaufpreises notwendig wären berechnet. Ein höherer Wert spricht in den meisten Fällen für schlechtere Renditemöglichkeiten. Wie hoch genau die Möglichkeiten der Rendite sind, ist dieser Kennziffer jedoch nicht zu entnehmen. Weitere Einflüsse wie die Nebenkosten des Kaufs oder andere regelmäßige finanzielle Belastungen werden nicht berücksichtigt. Die vertretbare Höhe des Multiplikatorwertes ist dabei von diversen Kriterien wie der Lage oder dem baulichen Zustand abhängig. 

Für gewöhnlich lässt ein Wert von über 20 darauf rückschließen, dass es sich um einen teuren Preis der Immobilie handelt. Dies könnte jedoch auch dafür sprechen, dass eine hohe Nachfrage vorhanden ist. Eine Steigerung des Immobilienwertes ist daher durchaus möglich. Insbesondere aus der Sicht eines Käufers muss ein vermeintlich schlechter Multiplikator daher nicht zwingend Verzicht auf einen Kauf bedeuten. Gerade bei einem guten Zinsniveau kann sich ein hoher Immobilienpreis dennoch rechnen. In diesem Fall sollte bei Abschluss des Immobiliendarlehens auf eine langfristige Zinsbindung geachtet werden. Dies hätte zur Folge, dass auch während steigenden Zinsen der Tilgungsanteil einer Darlehensrate hoch ist. 

Der Schuldenstand nach der Zinsbindung 

Um abzuwägen, ob sich ein Kauf einer Immobilie im Gegensatz zum flexiblen Mieten lohnt, muss neben den o. g. Faktoren auch berücksichtigt werden, wie hoch der Restbetrag des Darlehens nach der Zinsbindungslaufzeit ist. Die Anfangstilgung sollte während der Laufzeit nicht zu niedrig sein, denn dann könnten zwar die monatlichen Raten niedrig sein, die Restschuld jedoch exorbitant hoch. Mit einer Anfangstilgung von 1 % wären nach 10 Jahren noch mehr als 90 % der Schulden unbezahlt. Zudem besteht das Risiko, dass das Zinsniveau nach 10 Jahren viel höher liegt, als aktuell und somit der Großteil des Darlehens mit einem hohen Zins zu tilgen wäre. Folglich ist es zu empfehlen die Tilgung zu Beginn möglichst hoch zu setzen, um eine möglichst große Summe des Darlehens mit den günstigen Zinsen zu tilgen. 

Je nach Wohngegend ist die Entwicklung anders zu berücksichtigen

Der Erwerb einer preisgünstigen Immobilie scheint der erste Schritt zu sein, um von einem Prinzip des Kaufens zu profitieren. Zu beachten ist jedoch, dass dies lediglich die Ist-Situation beschreibt. Demgemäß sollte in jedem Fall auch im Hinblick auf die folgende Entwicklung des Immobilienmarkts genommen werden. Der Markt ist dynamisch und entwickelt sich zwar seit einigen Jahren stetig in die gleiche Richtung, dies war jedoch nicht immer so. Selbst wenn, wird der Markt in einem Jahrzehnt stark abweichen zum heutigen Stand. Aus dem Anstieg der Kaufpreise im städtischen Raum ist abzuleiten, dass dort in Zukunft mehr gebaut wird. Eine größere Angebotsvielfalt wäre die Folge. Daher lässt sich sagen, dass die Prognose je nach Wohngegend abweichend sein kann. Möglich wäre, dass in den gefragten Ballungszentren zumindest der Marktpreis konstant bleibt, trotz erhöhter Bautätigkeit und mehr Angebot. Dementgegen würden in weniger gefragten Gebieten in geraumer Zeit weniger Menschen nach älteren Gebäuden suchen. Gerade deshalb, sollte auch eine bereits jetzt abzusehende Tendenz zurate gezogen werden und in die Kaufentscheidung einbezogen werden.

Die Immobilie sollte nicht zu früh verkauft werden

Leider kann es durchaus vorkommen, dass Szenarien eintreffen die dazu führen, dass ein Immobilienbesitzer seine vereinbarten Darlehensraten bei dem Kreditinstitut nicht mehr bedienen kann. So können wesentliche Lebensveränderungen wie der Verlust des Jobs, unerwartete Krankheit oder eine Trennung vom Partner (eventuell zweiter Kreditnehmer) einen direkten Einfluss auf die finanzielle Lage haben. Im schlimmsten Fall wäre der Besitzer zu einer kurzfristigen Veräußerung der Immobilie gezwungen. Der wenige Raum für Flexibilität wäre fatal, wenn ein Arbeitgeber seinen Hauptsitz versetzt und ein berufsbedingter Umzug unumgänglich ist. Mit dem Kauf einer Immobilie legt man sich eigentlich fest, für einen langen Zeitraum in einer ähnlichen Lebenssituation zu verweilen. Wirklicher Platz für kurzfristige Änderungen des Wohnorts ist dabei in der Regel nur mit spürbaren Verlusten zu erreichen. Für gewöhnlich fallen die Kosten für die Anschaffung einer Immobilie auf den langfristigen Zeitplan verteilt nicht so hart ins Gewicht wie mit einer Nutzungszeit von beispielsweise 5 bis 10 Jahren. 

Fazit

Unter den meisten Voraussetzungen rentiert sich der Kauf einer Immobilie mehr, als ein Leben lang zur Miete zu wohnen. Neben der Erfüllung des Traumes die eigenen vier Wände zu besitzen ist für viele das Ablösen von fremden Parteien wie dem Vermieter ein großer Pluspunkt. Zwar ist die Selbstbestimmung ein wertvolles Gut, sollte jedoch nicht mit unbezahlbaren Kosten verwirklicht werden. Das Erreichen des eigenen Lebensziels sollte dabei in Symbiose mit den finanziellen Möglichkeiten stehen. Das Risiko ist groß mit einem hohen Kaufpreis langfristig den Verlust von viel Geld zu erreichen. Mit einem ansprechenden Kaufpreis kann ein großer Vorteil im Gegensatz zur Miete erreicht werden, gerade im punkto Altersvorsorge. 

Die Kapitalanlage und der Aufbau von Vermögen für spätere Zeiten gestaltet sich demzufolge als Mieter schwieriger. Das Wohnen zu einem günstigen Mietpreis kann damit einhergehen, dass zeitgleich Geld angespart wird. Wenn der Kauf einer Immobilie als Anlageform nicht in Frage kommt, so sollten daher andere Modelle in Betracht gezogen werden. Die derzeitigen niedrigen Zinsen gelten auch für Sparkonten, somit lohnt sich diese Anlageform aktuell nicht. Im Anbetracht dessen, sollten daher Renditemöglichkeiten bewertet und ausgeschöpft werden. Durch schwankende Kurse ist der Verlauf daher teilweise wechselhaft im Gegensatz zu festen Laufzeiten der Zinsbindung. 

Pauschal zu sagen, dass der Kauf dem Mieten vorzuziehen wäre daher nicht korrekt, denn abhängig von der Lebenssituation und Grundeinstellung kann Flexibilität einen hohen Stellenwert im Leben innehaben. Da diese mit dem Niederlassen in eine gekaufte Immobilie nicht mehr gegeben ist oder nur durch herbe Verluste wiederherzustellen ist, kann sich das Mieten finanziell mehr lohnen. In jedem Fall sollte die eigene finanzielle Situation im hier und jetzt sowie für die Zukunft gleichermaßen eingeschätzt werden, wie mögliche Veränderungen des Immobilienmarktes und der eigene Lebensplan.